Januar 2017 war ein beschissener Monat. Februar auch. Egal wo ich hinging, gab es Getuschel, Blicke, sorgenvolle Fragen. Nachdem ich die Neujahrsshow meines Studentenvereins zu Ende moderiert hatte, brach ich hinter der Bühne zusammen. Ich wusste, dass eines Tages alles wieder gut sein würde. Aber alles schmerzte so, so sehr. Jedes Gliedmaß; jedes Wort, das ich lächelnd ins Mikrofon sprach; jede Minute während der Acts, in der ich auf meine Lippen biss, um die Tränen zu unterdrücken. Trauer, Verzweiflung, Wut und Ekel - all das versuchte ich zu verstecken. Zurückhaltung war nie meine Stärke, aber an jenem Abend vollführte ich sie mit Perfektion. Ich wünschte mir nur, dass ich ausreichend (Über-)Mut gesammelt hätte, um mit dir zu sprechen. Mich zu entschuldigen, vermutlich, vielleicht ein paar erklärenden Worte, vielleicht die eine oder andere Fragen, wieso du dir so etwas antust, damals und heute. Liebe T., Vertrauen ist gut, Wahrheiten sind besser und Lügen haben am Ende immer die kürzeren Beine. Ich wünsche dir alles Gute. 

März war mein Geburtsmonat. Von da an ging es aufwärts. Ich reiste im März nach Mailand und Barcelona, im April mal wieder nach Amsterdam, kümmerte mich wieder um den Unikram, bekam das Leben wieder richtig in den Griff. Mehr oder weniger zumindest. Ich entschied mich dazu, einige wichtige Dinge anzugehen: die Bachelorarbeit, den Einbürgerungsantrag, die Fahrausbildung. Das Geld fehlte vorne und hinten und oft konnte ich nachts nicht einschlafen bzw. bekam über längere Zeiten Alpträume. Ich hatte und habe große Versagensängste. So viel davon, dass ich manchmal das Gefühl habe, mich zurückziehen zu müssen, bloß nicht zu oft ins soziale Leben, bloß nicht erfahren, was alle anderen nach einem Studium oder Ausbildung oder sonst was auf die Beine stellen konnten: ein Restaurant, eine Firma, feste Jobs. Alle scheinen plötzlich Entrepreneurs zu sein, Experten, und vor allem: Menschen mit klaren Visionen und einem Plan fürs Leben. Daneben: ich. Klein und unerfahren und dumm und einfach zu ängstlich - mitten in dieser Welt. 

Ich weiß nicht, wie viele von euch sich mit mir identifizieren können, aber ich glaube, ich weiß heute, was man mit der Quarter-life-crisis meint: ein Bündel unterschiedlichster Unsicherheiten, so viele Ideen aber keine Umsetzungen, kleine Erfolge und größere Misserfolge, 25 Jahre alt und noch immer nichts geschafft zu haben. Wow, Chi, wow. 

Aber ich schätze, ich war glücklich. Dankbar, dass ich zu mir und zu dem besten Menschen, den ich mir je an meiner Seite vorstellen kann, wieder zurückfand. Überrascht, dass das Leben es so gut mit mir meint und die Harmonie so schnell zurückkehrte. Jeden Abend, wenn ich seine Hand halte, nehme ich eine Wärme auf, die mich mit Gewissheit und Hoffnung versorgt. Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt, aber ich bin im Moment wahnsinnig froh, diese neue alte Liebe wieder meine eigene nennen zu dürfen. Es sind Tsunamis, die die Welt selten mal erschüttern können, aber es sind die strahlenden Sonnenuntergänge, der erste Schnee und das letzte goldene Blatt, die einen begleiten. Sicherheit verwechselte ich früher mit Eintönigkeit, während sie nie etwas anderes war als ein Synonym für Frieden. 2017 begann für mich auf einer schmerzhaften und endete auf der wundervollsten Weise, mit dir an meiner Seite. Ich wünsche mir für 2018 nichts mehr als das: Frieden für mich, für dich, für meine und deine Familie und Freunde, und ohne an einer Misswahl teilnehmen zu wollen, ich wünsche mir aus ganzem Herzen Frieden für unsere Welt. 

7 Kommentare

  1. Wow, mal wieder ein text der mich in gedanken alles andere um mich herum vergessen lässt. Ich finde mich auch darin wieder, habe gestern noch einem freund erzählt wie ich das gefühl habe nix erreicht zu haben und nicht zu wissen wohin mit mir.. aber ich sage mir immer Kopf hoch, irgendwann ergibt sich was

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  2. Ich liebe deine Texte, wunderschön. Ich denke es ist ein stückweit normal, dass wir uns so fühlen...ein wenig verloren, ein wenig überfordert. Für mich ist es manchmal so als würden alle an mir vorbei rennen und ich stehe still, brauche noch eine Minute um nachzudenken, um zu verarbeiten und um zu realisieren wo ich gerade stehe und warum ich da stehe und wo ich überhaupt hin will. Überall werden wir mit den Geschichten und Erfolgen anderer konfrontiert, ganz unbewusst nehmen wir diese zu unseren eigenen Zielen und da wir erst davon erfahren wenn andere es erreicht haben sind wir immer einen Schritt zu spät.
    Ein guter Freund von mir sagte einmal "Ihr perfekter Weg wäre für dich nicht perfekt." ich brauchte eine Zeit um das zu verstehen, aber er hatte völlig recht. Wir müssen unseren eigenen Weg finden, herausfinden was uns wirklich glücklich macht und nicht nur versuchen das Glück anderer nachzuahmen.
    Der Text wurde jetzt länger als erwartet.
    Ich bin mir sicher du findest deinen Weg :) Ich wünsche dir alles gute fürs neue Jahr.

    xx juli

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  3. "Ich weiß nicht, wie viele von euch sich mit mir identifizieren können, aber ich glaube, ich weiß heute, was man mit der Quarter-life-crisis meint: ein Bündel unterschiedlichster Unsicherheiten, so viele Ideen aber keine Umsetzungen, kleine Erfolge und größere Misserfolge, 25 Jahre alt und noch immer nichts geschafft zu haben."

    Das denke ich mir derzeit so oft...

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  4. Danke für deine ehrlichen Worte, es ist immer wieder schön deine Posts zu lesen! :) Fühl' dich gedrückt!


    Übrigens würdet ihr mir total helfen, wenn ihr bei meiner Umfrage über Instagram und Blogs in Rahmen meines Studiums mitmacht, die nicht mehr als 10 Minuten dauert! Bisher haben wir nämlich zu wenige Blog-Leser, daher wäre es sehr hilfreich, wenn ihr mitmacht und den Link auch an andere Personen sendet, die gerne Blogs lesen - vielen Dank!

    https://www.soscisurvey.de/nutzung-insta-blog/

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  5. Wow, den Text hast du wirklich toll geschrieben! Ich wünsche dir für 2018 alles Gute! :)
    Viele Grüße,
    Laura

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  6. Wünsche Dir nur das Allerallerbeste für 2018, Glück, Liebe, viel Leben, danke für Deinen Blog, Anja

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