Ich war acht Jahre alt, vielleicht neun, als ich zum ersten Mal dieses Gericht aß. Bánh gối nennen wir Vietnamesen diese handgroße Teigtaschen mit Fleisch und Gemüsefüllung, frittiert und mit einer verdünnten Fischsoße serviert. Sie hat die Form eines Kissens und war eines meiner liebsten besonderen Snacks zu der Zeit. Ab und an machten wir es zu Hause - das war immer ein kleines freudiges Event, manchmal kaufte mir mein Opa ein bánh gối an einem Stand vor meiner Schule, wenn er mich am späten Nachmittag mit dem Moped abholte. Im Winter, wenn ich mich hinter Opas Rückehhn versteckte und der Wind an uns vorbei pfiff, hielt ich mein heißes bánh gối ganz fest in meiner Hand und versuchte mich aufzuwärmen. Der warme, frische Duft der Teigtasche stieg in die Nase, die scharfe Chilisoße ließ mich die Zunge rausstrecken, ich liebte es, auf dem Moped zu sitzen und jeden Bissen ganz langsam zu schmecken. Die Lichter der Mopeds erhellten die Straßen und die Kälte Hanois war in jedem unserer Knochen. Ich liebte es und fand es später nie wieder, weder die Kälte noch den Geschmack noch seinen Rücken.

Ich war 14 Jahre alt, als ich das erste Mal den Frühling roch. Bewusst wahrgenommen. Diese Frische der jungen Blätter, all die blühenden Blumen, den Kaffeegeruch, wenn alle Menschen plötzlich wieder draußen saßen. Im Frühling wechsle ich immer mein tägliches Parfum, frei und leicht möchte ich sein - und glücklicher. Wenn der Herbst mir die Erlaubnis gibt, sentimental zu sein, dann ist es der Frühling, der mich zurück holt, immer wieder. Wenn ich morgens aus dem Haus ging, atmete ich tiefer ein, und hörte Jason Mraz. "But if you ask me, the feeling that I'm feeling is overwhelming. And oh, it goes to show, there's so much to know." Damals zog ich von zu Hause aus und genoss zum ersten Mal etwas, das man Eigenverantwortung nennt. Frühling 2006. Ich schloss ihn ins Herz und verlor später meine Erinnerungen daran. Ich fand es nie wieder, weder das Teenager-Mädchen damals, das ich mal war, noch den Mut, den ich besaß, noch die Frische der schönsten Jahreszeit. 

Ich war 23 Jahre alt, kurz vor dem 24. Geburtstag, als ich das erste Mal in sein Auto stieg. Versuchte, es mir gemütlich zu machen, doch trotz der Beinfreiheit blieb ich steif und fühlte mich unsicher. Vielleicht lag es an diesem fremden Menschen, mit dem ich das erste Mal ins Kino ging, wo wir still nebeneinander saßen und kein Wort sprachen. Bloß keine Unterhaltung, kein Smalltalk, kein Augenkontakt. Ich war ihm dankbar, dass er mir zuhörte, und wusste nicht, dass er mein Herz brechen würde. Der Duft seines Parfums war überall. Im Auto, an seinem Hemd, in meinen Haaren. Aufdringlich und nicht mein Geschmack. Und doch war er an jenem Abend und von da an ein Jahr: Überall. Manchmal fand ich ihn an einer Rolltreppe wieder, wenn ich einkaufen ging oder mich in die Uni hetzte, ich fand eine Spur dieses Giorgio Armani Code Parfums, den so viele trugen, und drehte mich danach. Suchte nach einem alten Gesicht und freute mich, es nicht zu finden. Ich mochte es und fand es später nie wieder, weder diesen Abend noch das Kribbeln noch seine Hand.

Bald werde ich 25 sein und seit einem Monat trage ich dieses neue Parfum: Jil Sander Simply Elixir. Er hält sehr lang, holzig und süß zugleich liegt er auf meiner Haut und schenkt mir beim Aufsprühen den Duft vom roten Ingwer und Pfeffer. Selbstbewusst und weiblich - so würde ich ihn beschreiben. Simple as that. Er ist mein Lieblingsduft für den jetzigen Winter und ich bin froh, dass ich später eine der schönsten Zeiten meines Lebens in diesem Flakon finden kann. Immer wieder. Er erinnert mich an einen Besuch auf dem Weihnachtsmarkt, an das Ende meines Studiums, an ruhige Abende auf dem Sofa mit Chips und Haribo. Und die holzigen Noten erinnern an ganz viel Gemütlichkeit und Ruhe. Hoffentlich keine Ruhe vor dem großen Sturm. 

Dieser Post ist in Kooperation mit Flaconi entstanden.

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